Pressestatement | Humboldt-Forum: Die Inschrift darf nicht bleiben
16. Dezember 2020Zur Debatte um die Goldinschrift auf der Kuppel des Humboldt-Forums, die anlässlich der Eröffnung an diesem Mittwoch erneut aufgeflammt ist, erklären Erhard Grundl, Sprecher für Kulturpolitik, und Claudia Roth, Sprecherin für Auswärtige Kulturpolitik:
Erhard Grundl, Sprecher für Kulturpolitik:
„Im Humboldt-Forum soll ein Weltmuseum entstehen. Doch jetzt lastet eine Kuppel bleiern über dem Projekt mit einer Goldinschrift, die alle Menschen weltweit auffordert, ,das Knie im Namen Jesu zu beugen‘. Wie passt das zusammen – Weltoffenheit und christlicher Alleinanspruch? Die Antwort lautet: gar nicht. Die Wiederanbringung dieser Inschrift macht das Gebäude zu dem, was Kritiker*innen von Anfang an befürchtet haben, zum Symbol des preußischen Obrigkeitsstaates und seines Herrschaftsanspruchs.
Zu Kuppel, Kreuz und Inschrift hat eine Kommission getagt. Diese entschied vorbei an Parlament und Öffentlichkeit, die Kuppel, so wie jetzt geschehen, umzusetzen. Die von König Friedrich Wilhelm persönlich verfasste Inschrift über der rekonstruierten Fassade des Schlosses, und das in Berlins historischer und politischer Mitte – das ist mehr als falsches Botschaftsmanagement: Das ist eine Bestätigung all derjenigen, die ein unkritisches Preußenbild pflegen, und das darf so nicht stehen bleiben.“
Claudia Roth, Sprecherin für Auswärtige Kulturpolitik:
„Die digitale Eröffnung des Humboldt-Forums am heutigen Mittwoch ist ein Flop mit Ansage. Selbst Staatsministerin Grütters zeigte sich im Kulturausschuss erschrocken über die Inschrift und bezeichnete sie als Einladung zu einer kritischen Diskussion. Wie aber konnte diese Inschrift am symbolträchtigen Ort überhaupt angebracht werden, ohne dass die politisch Verantwortlichen dies ausdrücklich befürworteten? Warum gab es keine öffentliche Diskussion und keine parlamentarische Befassung?
Wenn das Humboldt-Forum ein Ort der Begegnung der Kulturen und Religionen und eine gemeinsame Forschungsstätte zur Menschheitsgeschichte werden soll, dann geht das nur auf Augenhöhe und nicht unter der Prämisse dieser Inschrift. Hier helfen jetzt auch keine Workshops mehr, wie sie der Generalintendant des Humboldt-Forums, Professor Dr. Dorgerloh, wohl anbot. Es geht darum, den öffentlichen Diskussionsprozess endlich zu führen – in der Zivilgesellschaft und im Parlament.“
© SHF / Foto: Christoph Musiol