PM | Offene Baustelle Humboldt Forum

18. Juli 2019
Teurer & intransparent – Fragezeichen bei der kulturellen Nutzung

Zu der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion zum Thema „Eröffnungstermin, Kostensteigerung, kulturelle Nutzung und Veranstaltungskonzept des Humboldt-Forums in Berlin“ erklären Erhard Grundl, Sprecher für Kulturpolitik und Chris Kühn, Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen:

 

Klar ist: Das Humboldt-Forum wird teurer! Aber um wieviel Millionen Euro es dabei geht kann oder will die Bundesregierung nicht sagen. Erst im Herbst 2019 soll eine neue Übersicht zur Kostenentwicklung vorgelegt werden. Zudem fehlen 17 Mio. Euro an Spendenmitteln für die Fassaden. Ob, wie und von wem die Mehrkosten und eventuelle Spendenausfälle beglichen werden soll, auch darauf bleibt die Bundesregierung eine Antwort schuldig.

 

Und ob die geplante Eröffnung „ab September 2020“ wirklich stattfinden kann ist ebenfalls fraglich. Grund sind die in der Antwort angegeben Terminrisiken an den Schnittstellen zu den Baumaßnahmen an der U5, Vergabebeschwerden, Insolvenzen und defizitäre Ausführungen von Freiberuflern und Baufirmen, Außenanlagen des Landes Berlins, Änderungen von Genehmigungen und Neueinstellung von Mitarbeiter*innen.

Noch immer gibt es zudem kein klares Konzept für die Nutzung der über 12.000 qm großen Veranstaltungsflächen, geschweige denn klare Richtlinien für die Vergabe an Externe. Einer soziokulturellen Nutzung eines Teils der Flächen, um das steuerfinanzierte Stadtschloss durch ein diverses Kulturangebot für alle Bürgerinnen und Bürger mit unterschiedlichen kulturellen Interessen niedrigschwellig zugänglich zu machen, wurde eine Absage erteilt. Aber die Frage bleibt: Warum eigentlich nicht Teile der Flächen für ein Jugendzentrum oder für Musik-/Theaterproberäume nutzen? Ist Berlin Mitte und die Museumsinsel für die sogenannte Hochkultur reserviert? 

Es ist zudem ein großer Fehler, den angedachten sogenannten „Humboldt-Dschungel“ (Begrünung einer Fassadenfront) nicht zu realisieren. Hier wird die Chance vergeben, einen riesigen, staatlich geförderten Bau zumindest teilzubegrünen, um auch die Auswirkungen der Klimakrise in großen Städten, die sich immer mehr aufheizen, abzumildern. Grünflächen sind nach Expertenmeinung eines der besten Mittel gegen die Überhitzung in Städten.

 

STATEMENTS

Erhard Grundl, MdB: „Im Streit um die Eintrittsfreiheit macht Staatsministerin Monika Grütters weiter Druck auf Berlins Kultursenator Klaus Lederer. Frau Grütters wünscht sich einen einheitlichen Auftritt für den auch das Land Berlin seine Dauerausstellung eintrittsfrei machen soll.  Bis heute bleibt der freie Eintritt allerdings der einzige konkrete Plan, den Frau Grütters für das Humboldtforum präsentieren kann. Das ist wenige Monate vor der geplanten Eröffnung mehr als dürftig. Gleichzeitig fehlt bei der BKM jegliches Konzept dafür, wie, über die Eintrittsfreiheit hinaus, neue Bevölkerungsschichten für den Besuch von Kultureinrichtungen gewonnen werden können. Aktuelle Studien, die zeigen, dass das mit Eintrittsfreiheit allein nicht getan ist, werden hartnäckig ignoriert. Das Humboldtforum steuert unter diesen Vorzeichen zu Eröffnung bestenfalls auf ein Strohfeuer bei den Besucherzahlen zu. Ziel bundesdeutscher Kulturpolitik muss es aber sein, mehr Menschen unabhängig von Bildungsstand und Herkunft, langfristig für das Forum zu begeistern.“   

 

Chris Kühn MdB: „Die Bundesregierung lässt weiter offen, ob es die bereits Ende Januar bekannten, aber gegenüber uns Abgeordneten heruntergespielten „kleineren technischen Mängel“ waren, die letztlich doch ursächlich für die abgeblasene Eröffnung waren. Die Intransparenz gegenüber dem Parlament muss endlich beendet werden. Es kann nicht sein, dass der Bundestag zwar Steuermittel freigeben, aber nur die Hälfte zum Bauprozess wissen darf. Auch die drohenden Mehrkosten beziffert die Bundesregierung nicht klar, sondern verweist nur nebulös auf die nicht-öffentliche Sitzung des Stiftungsrates. Klar ist hingegen: Einfacher wird es in dieser Gemengelage sicher nicht, die noch fehlenden 17 Mio. Euro an Spendengeldern zu akquirieren. Viel Vertrauen ist verspielt worden.“

 

Zum Hintergrund: Mitte Juni wurde berichtet, dass das Humboldtforum nicht, wie geplant im Herbst 2019 eröffnet werden kann. Grund sind technische Mängel. Unsere damalige Pressemitteilung finden Sie hier.

 


Der Tagesspiegel berichtete exklusiv: „Humboldt kostet, ja und nein“

Unsere Kleine Anfrage an die BKM und die Antwort sind hier nachzulesen.

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