PM | Die documenta ist beschädigt! Warum muss jetzt auf den Tisch

22. Juni 2022

Zu den Antisemitismusvorfällen auf der documenta fifteen in Kassel erklären die Mitglieder des Deutschen Bundestages Lisa Badum, Marlene Schönberger und Erhard Grundl, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Die documenta fifteen ist angetreten, um Gemeinschaft, Kooperation und Ressourcenteilung mit dem Globalen Süden zu thematisieren. Tatsächlich polarisiert sie durch das (un-)klare Verhältnis der Kurator*innen und Leitung der documenta zur BDS-Bewegung und zum Antisemitismus. Bereits die Serie “Guernica Gaza” von Mohammed Al Hawajri, in der Kunstwerke großer Meister mit Bildern von Angriffen der israelischen Armee auf das Palästinensergebiet so vermischt wurden, dass eine implizite Gleichsetzung der NS-Luftwaffe mit der israelischen Armee erfolgt, sorgte zu Recht für Kritik von jüdischen Organisationen und Antisemitismusforscher*innen.

Und nun das erst drei Tage nach Eröffnung gezeigte Großbild des Künstlerkollektivs “Taring Padi”! Auf ihm ist eine Figur zu sehen, die sowohl mit schwarzem Hut und Pejes/Schläfenlocken als auch antisemitischer Stereotypie entnommener Physiognomie dargestellt wurde: blutunterlaufene Augen, eine große, herausstechende und übermäßig verkrümmte Nase, eine gespaltene Zunge und scharfe, dämonische Zähne. Der Hut ist mit einer SS-Rune versehen. Eine weitere Figur trägt ein Halstuch mit einem Davidstern, einen Helm mit der Aufschrift “Mossad” und wurde mit Schweinsgesicht gezeichnet. Die Anleihen an antisemitischen Karikaturen, insbesondere der NS-Zeit, sind mehr als offensichtlich.

Erhard Grundl, Sprecher für Kulturpolitik und Medien der Bundestagsfraktion Bündnis/Die Grünen, betont: „Die documenta ist beschädigt. Jetzt muss auf den Tisch, wie es dazu kommen konnte und zwar im Gespräch mit denjenigen, die vor vier Jahren hierfür die Weichen gestellt und die offensichtlich den Umsetzungsprozess nicht begleitet haben. Klar ist jedenfalls: Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sind die rote Linie, und die wurde hier klar und mehrfach überschritten. Das Großbild wurde aufgrund öffentlicher Kritik jetzt verhüllt. Abgehängt wurde es nicht – auch das ist ein Statement! Und zwar kein Gutes.“

Zum Statement der documenta führt die in der Grünen Bundestagsfraktion für die Bekämpfung von Antisemitismus und Förderung jüdischen Lebens zuständige Abgeordnete Marlene Schönberger aus: “Ich bin sehr enttäuscht, wie die Leitung der documenta und die Kurator*innen auf die Kritik reagiert haben. Das ist eine Nicht-Entschuldigung: Antisemitismus als Dialogangebot zu bezeichnen, ist ein Schlag ins Gesicht aller Jüdinnen und Juden in Deutschland. Genauso die Behauptung, dass es, deutsche Befindlichkeiten wären, die einen Dialog verhinderten. Damit es ein Gespräch geben kann, muss zumindest eines klar sein: Die konsequente Bekämpfung von Antisemitismus ist nicht verhandelbar. Das Plakat muss abgehängt und die gesamte Ausstellung überprüft werden.”

Lisa Badum, Vizepräsidentin der deutsch-israelischen Gesellschaft, erklärt zum Kunstwerk von “Taring Padi”: “Es fällt schwer und ist unmöglich diese Karikaturen vom Hintergrund des gesamten Settings zu trennen, nämlich dass das Kuratorenkollektiv Ruangrupa, Organisationen eingebunden hat, die den kulturellen Boykott Israels unterstützen, Teil der BDS-Bewegung sind und als antisemitisch einzustufen sind. Die BDS-Bewegung muss sich dieser Debatte endlich ernsthaft stellen.”

 

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