PM | CSU-Polizeiaufgabengesetz untergräbt den Rechtsstaat – und damit Freiheit und Sicherheit
15. Mai 2018Anlässlich der gestrigen Verabschiedung des neuen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in Bayern erklärt der niederbayerische Bundestagsabgeordnete Erhard Grundl:
Anstatt für eine bessere Personalausstattung der Sicherheitsbehörden zu sorgen, schafft die CSU mit dem neuen Polizeiaufgabengesetz (PAG) Raum für Willkür und Rechtsunsicherheit. Tausende gingen in Bayern bisher dagegen auf die Straße. Die Züge aus Straubing, Passau und Landshut waren voll mit Menschen, die an Christ Himmelfahrt in München gegen das PAG demonstriert haben.
Bisher verstand sich die Polizei als bürgernaher Helfer für öffentliche Sicherheit. Mit dem PAG verändert sich diese Rolle drastisch. Mit dem neuen Polizeiaufgabengesetz treibt die CSU einen Keil zwischen Bürger und Polizei. Denn nun kann jeder, Opfer von präventiven Eingriffen durch die Staatsgewalt werden. Allein der Anfangsverdacht einer „drohenden Gefahr“ kann damit ausreichen, weitreichende Maßnahmen wie verdeckte Ermittlungen, die Überwachung des Briefverkehrs oder präventive DNA-Analysen einzuleiten. Das ist nicht vereinbar mit den Prinzipien unseres Rechtsstaates. Die Polizei darf nicht zum Ableger des Bundesnachrichtendienstes werden. Wer die Polizei militarisiert und zum Nachrichtendienst ausbaut, erhöht nicht unsere Sicherheit, sondern untergräbt sie!
Die bayerische CSU hat für den deutschen Rechtsstaat offensichtlich nicht allzu viel übrig. Schon die erste Neuauflage des Polizeiaufgabengesetzes von 2017 verstößt gegen die Verfassung, indem sie den Begriff der „drohenden Gefahr“ einführt, ohne ihn auf den Einzelfall zu beschränken. Die Unschärfe des Begriffs erlaubt keine genaue Definition, wann polizeiliche Maßnahmen eingeleitet werden sollen. Anstatt bei Terrorverdacht gezielt gegen sogenannte „Gefährder“ vorzugehen, wird die gesamt Bevölkerung erfasst. Anstatt Rechtsstaatlichkeit herrscht damit Willkür. In Extremfällen kann das dazu führen, dass Menschen monatelang in Präventivhaft genommen werden können, ohne dass ihnen eine Straftat vorgeworfen wird. Theoretisch können aus Monaten Jahre werden, denn die Präventivhaft kann immer wieder verlängert werden.
Aufgrund der weitreichenden Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger kritisierten ExpertInnen schon die erste Novelle des Gesetzes. Die bayerischen Grünen haben dagegen Verfassungsklage eingereicht. Doch anstatt auf die kritischen Stimmen auch aus dem Bundesverfassungsgericht zu hören, beschloss die CSU gestern eine weitere Verschärfung im Landtag. Angesichts der bayernweiten Proteste, die in München an die 40 000 Menschen auf die Straße getrieben haben, verteilt Markus Söder ein bisschen weiße Salbe und verspricht einen Dialogprozess. Dann, wenn alles gelaufen ist!
Auch aus den Reihen der Polizei gibt es kritische Stimmen gegen das neue PAG. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei betont: Das Gesetz „ist mit einer bürgernahen Polizei nicht mehr in Einklang zu bringen.“ Ich teile diese Kritik der Gewerkschaft.
Bundesinnenminister Seehofer hat schon angekündigt, das bayerische Gesetz auf Bundesebene zum Vorbild nehmen zu wollen. Der zivilgesellschaftliche Widerstand gegen staatliche Willkür und für unseren Rechtsstaat darf sich also nicht auf Bayern beschränken.