Kleine Anfrage | Let there be Rock – Grüne fordern mehr Geld für Rock, Pop, Hip-Hop, Elektro und Jazz

27. März 2019

Mit lediglich 1,22% ihres Gesamtetats hat die Kulturstaatsministerin 2018 Pop, Rock, Hip-Hop, EDM, Indie, Jazz, Punk etc. gefördert. 2019 sollen es nur noch 1,01% sein. Das bedeutet unterm Strich: Noch weniger Förderung für unsere vielfältige popkulturelle Musiklandschaft. Das Ungleichgewicht in der Musikförderung des Bundes ist offensichtlich. Andere Musikbereiche kommen auf mehr als das Doppelte an Förderung. Die Zahlen und Antworten zeigen, dass die Bundesregierung neue populäre Musikformen nicht ernst nimmt. Dadurch geht uns ein großes Potenzial an musikalischer Vielfalt verloren.

Ich fordere ein schlüssiges Gesamtkonzept der Bundesmusikförderung, das

  • eine gleichwertige Förderung der unterschiedlichen Genres mit Fokus auch auf Nachwuchsförderung beinhaltet,
  • Programme für die kulturelle Teilhabe und musikalische Bildung wie bspw. ein Sonderfonds für kreative Räume, in denen musiziert werden kann einschließt,
  • die Exportförderung ausbaut und neu strukturiert,
  • die ökologisch nachhaltige Produktion in der Musikindustrie und -wirtschaft fördert
  • sowie die Frauenförderung und Gleichberechtigung stärker und konzeptionell durchdacht in den Fokus stellt.

Denn zeitgenössische populäre Musik, wie Pop, Rock, Hip-Hop, EDM, Indie, Jazz, Punk etc. hat eine herausragende Bedeutung für unsere Gesellschaft. Sie machen einen Großteil der Gegenwartsmusik aus, verändern sich stetig, indem sie neue Musikformen in sich aufnehmen und somit neue Musikstile hervorbringen. Sie sind, ob kommerziell erfolgreich oder nicht, Labore unserer Musikkultur. Sie stehen für eine zeitgenössische, lebendige Kunstform, die von der Mehrheit der Bevölkerung rezipiert und von vielen Menschen aktiv praktiziert wird. Sie sind somit der erste Berührungspunkt junger Menschen mit Musikkunst: Sie prägen Lebensgefühle, wirken für Jugendliche identitätsbildend und sind auch für Erwachsene ein wichtiger Identitätsanker.

Hip-Hop, Rock, Pop, EDM, Metal, Punk etc. haben eine gesamtstaatliche Bedeutung für unser Land und sind somit auch förderungswürdig – und das auch auf Bundesebene. Der Bundesregierung aber fehlt es an Mut und Verständnis, neue künstlerische Formen zu fördern.

Es ist umso erschreckender, dass sich die Bundesregierung hinter der Zuständigkeit von Kommunen und Ländern versteckt, wenn es um innovative Lösungen von Problemen geht.

Proberäume sind knapp. Nicht nur in den Städten, sondern auch in ländlichen Regionen.  Hier wäre ein Sonderfonds des Bundes für den Auf- und Ausbau von Proberäumen, insbesondere in ländlichen Regionen, der richtige Schritt. Bestehende Infrastrukturen, bspw., die Soziokulturellen Zentren oder die Deutsche Rockmusik Stiftung, könnten damit gleich mit gefördert werden.

Bei dem in größeren Städten so wichtigen Thema der Clubverdrängung will die Bundesregierung gar nicht unterstützend tätig werden, obwohl der Bund Handlungskompetenzen hätte. Er kann das „Agent of Change“-Prinzip verankern, das Clubs vor heranrückenden Immobilien und teuren, überzogenen Schallschutzforderungen schützen. Und sie muss darauf hinwirken, dass Musikspielstätten endlich als Orte definiert werden, die einem kulturellen Zweck dienen. Da sind sich die Staatsoper in Berlin oder die Rote Sonne in München ebenbürtig. Eingestuft wird der Club „Rote Sonne“ allerdings als „Vergnügungsstätte“, gleichgestellt etwa mit Bordellen und Spielcasinos. Das ist falsch. Ein Club ist ein kultureller Ort!

Die Antworten auf meine Kleine Anfrage zeigen, dass die Kulturstaatsministerin auf Zuruf fördert. Es fehlt an klaren Kriterien und Strukturen, insbesondere in der Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen, die im Bereich der Musikförderung nicht stattfindet. So bleiben gute Effekte und Ressourcen liegen, Synergien bleiben ungenutzt. Es hat den Anschein, dass man von gut funktionierenden best-practise-Beispielen auf Bundesebene nichts wissen will. Die Label-Förderung in Hamburg oder der Schallschutzfonds aus Berlin sind Programme, die auch der Bund durch Anschubfinanzierungen in den Ländern unterstützen könnte. In den Antworten des BKM gibt es aber dazu eine klare Absage.

In der Nachwuchsförderung sind keinerlei neuen Maßnahmen geplant. Die Exportförderung bleibt zwischen den Ressortzuständigkeiten zerpflückt und die Infrastrukturförderung folgt keiner einheitlichen Linie. Die Antworten zeigen: Die Förderpolitik der Kulturstaatsministerin wird der musikalischen Vielfalt nicht gerecht.

Schlussendlich: Es braucht endlich ein schlüssiges Konzept für eine nachhaltige Bundesmusikförderung, das eine faire Förderung beinhaltet, die der musikalischen Vielfalt in unserem Land gerecht wird. Das bleibt die Kulturstaatsministerin der Musikszene seit Jahren schuldig.

Die unterschiedlichen Musiksparten dürfen dabei nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir brauchen insgesamt mehr Mittel in der Bundesmusikförderung und wir müssen diese Mittel schlauer einsetzen als bisher. Unsere europäischen Nachbarn machen es uns zum Teil vor.

Es geht um eine gerechte Wertschätzung aller musikalischen Genres. Und eine Lösung dafür ist: Aufhebung der unsinnigen Unterscheidung zwischen E + U-Musik in der Förderung.

 

Kleine Anfrage und Antwort

Zur Pressemitteilung

 

Berichterstattung:

„Grüne fordern mehr Geld für Rock, Pop und Jazz“, Zeit Online, 27.03.2019

„Klamme Kassen? Kulturförderung für Rock, Pop und Jazz“, Deutschlandfunk Kultur, 28.03.2019

„Grüne werfen Grütters Einseitigkeit bei Musikförderung vor“, SWR, 28.03.2019

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