Grundl grillt – spezial | Welchen Einfluss haben Exil-Medien in Russland, der Ukraine und Belarus? @MCiT

6. Juli 2022

Diese Sitzungswoche in Berlin wurde Grundl grillt von MiCT (Media in Cooperation and Transition) sehr erlaubt gehijacked. MiCT ist Deutschlands größte Nichtregierungsorganisation im Bereich der internationalen Medienentwicklung. Im Fokus der Arbeit von MiCT steht die Förderung von Journalist*innen und Medienhäusern in Krisen- und Entwicklungsländern.

Das Thema dieses „Grundl grillt – Spezial“ auf einer Berliner Dachterrasse: Medien in der #Ukraine und #Russland.

Diesmal durfte ich Gast sein und wurde gemeinsam mit der ukrainischen Fernsehproduzentin und Filmemacherin Olesya Nogina und der russischen Umwelt- und Klimajournalistin Angelina Davydova von Klaas Glenewinkel befragt.

Am 24. Februar saß Olesya mit ihrer Tochter in ihrer Wohnung im 15. Stock in Kiew. Eine der ersten sozialen Zusammenkünfte mit Freund*innen und Kolleg*innen in der Coronazeit und viel Arbeit für eine Film-Premiere lag hinter ihr. Für den nächsten Tag war der rote Teppich geplant. Als der Angriff begann schliefen Mutter und Tochter. Ihr Mann war zu dieser Zeit mit dem Sohn in Toronto am Flughafen, wo er die Nachrichten live mitverfolgen konnte und sofort seine Frau aus dem Bett klingelte. Olesya machte sich mit ihrer Tochter auf den Weg in die umliegenden Dörfer in der Hoffnung den Waffen dort zu entkommen.

In dem Haus einer Familie, wo sie mit anderen Geflüchteten unterkam, wurde allerdings schnell klar, dass sie sich dort genau an der Kampflinie befanden. Die Bomben und Schüsse wurden über das Dach hinweggefegt. Eine Woche versteckten sie sich dort. Die Fensterläden unten, die Türen verschlossen und irgendwann auch ohne Strom. Das bedeutet in der heutigen Zeit: Ohne Kochmöglichkeit, ohne Kühlschrank, ohne Wasser – und ohne Nachrichten, was draußen vor sich geht und wie es den nahestehenden Menschen geht, die nicht bei einem sein können. Eine Woche haben sie so gewartet. Dieses Warten, diese Erfahrung, erzählte Olesya verschiebt deine Werte und richtet dein Denken neu aus.

Nach einer Woche fuhren sie über zerstörte Straßen, die aussahen, wie aus einem apokalyptischen Film. Dann kamen sie an eine intakte Tankstelle, an der die Angestellten Masken trugen und der erste erleichterte Gedanke war „Hier ist Corona das größte Problem.“

Olesya, ihr Mann und ihre Kinder konnten wieder vereint werden und wurden in Berlin freundlich aufgenommen, wofür sie auch sehr dankbar sind. Aber es scheint sehr surreal zu sehen, wie hier alle draußen in den Bars und Cafés sitzen, während du weißt: Dein bisheriges Leben und dein Land sind zerstört. Und alles nur wegen eines Verrückten.

Die russische Journalistin Angelina Davydova hat den Angriff Putins auf die Ukraine in St. Petersburg erlebt. Sie wohnte zu dem Zeitpunkt mit Freund*innen aus verschiedenen Ländern in einer WG und konnte und wollte nicht akzeptieren, was da gerade passiert. Sie erfuhr es über Telegram und blieb dort auf dem Laufenden. Sie ging zu Protesten in St. Petersburg und half im Anschluss die dort Verhafteten im Gefängnis mit Wasser und Lebensmitteln zu versorgen. Eine Radio-aufnahme für ihren Podcast über den Klimawandel sagten sie und ihr Kollege ab, vor einer Woche wurde die Radiostation geschlossen, bei der sie immer aufgenommen haben. Aber es blieb und bleibt für Angelina ein bitteres Gefühl der Machtlosigkeit. Ihr einziger Weg da raus, war am Schluss das Land zu verlassen. Durch ihre Arbeit u.a. als Projektleiterin für Umwelt- und Klimaprojekte beim Deutsch-Russischen Austausch St. Petersburg und Berlin, kann Angelina deutsch und lebt aktuell in der Hauptstadt.

Mich haben die Geschichten der beiden Frauen sehr berührt. Auf meine Frage, was noch besser gemacht werden kann, kam aus der Runde der Hinweis, dass die Visabestimmungen für Geflüchtete nach wie vor ein Problem sind. Ich werde das Thema weiter bei unserer Regierung adressieren und nicht locker lassen.

 

Vielen Dank für die Einladung zu diesem besonderen Abend!

Newsletter