Ich bin zwiegespalten und auch erstaunt. Zwiegespalten, weil ich mich einerseits freue über unsere grünen Erfolge in den Verhandlungen zum Kulturhaushalt. In der heutigen Bereinigungssitzung wurde einigen unserer Anträge gefolgt. Das ist nicht selbstverständlich, da wir ja (immer noch) Opposition sind. Einen großen Anteil daran hat meine liebe Kollegin Anja Hajduk, die unsere grüne Kulturpolitik im Haushaltsausschuss verteidigt.
Erstaunt hat mich hingegen, wie konzeptlos und intransparent die Förderpolitik der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (BKM) ist. Und auch die zu häufig praktizierte Projektförderung ist schädlich für einen dauerhaften Aufbau von Strukturen in der Kulturlandschaft. Mir geht es darum, mit den öffentlichen Geldern dafür Sorge zu tragen, dass mehr Menschen an Kultur teilhaben können. Das bedeutet Einrichtungen nachhaltig zu fördern und einen niedrigschwelligen Zugang zu gewährleisten. Und ja, dann darf eben nicht nur Hochkultur gefördert werden. Die aktuelle Förderpolitik hat nur einen geringen Anteil unserer Bevölkerung im Blick. Viele Menschen verstehen aber heute etwas anderes unter Kunst und Kultur. Pop- und Rockmusik, Laientheater, StreetArt, E-Games, Soziokultur und Subkulturen, um nur einige zu nennen, gehören auch zu unserer kulturellen Vielfalt, und sind deshalb förderungswürdig.
Ich freue mich daher, dass wir es geschafft haben, der Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren e.V. endlich die Mittel zukommen zu lassen, die sie für ihre wichtige Arbeit benötigen. Denn wie sagte Hermann Glaser noch richtigerweise? – „Kultur ist Soziokultur oder nicht.“
Deutlich mehr Mittel, so wie von uns beantragt, bekommt auch die Initiative Musik, die sich um die Förderung von Newcomern im Bereich Pop, Rock, Indie, Jazz und Elektro (und vieles mehr) kümmert und außerdem die Clublandschaft fördert. Diese Bereiche unserer musikalischen Vielfalt wurden seitens der Kulturstaatsministerin Grütters bisher kaum beachtet. Lediglich rund 1% des Etats für Kultur und Medien flossen 2018 in diesen Bereich. Unser Antrag ist deshalb nur ein erster Schritt, da bleibe ich definitiv dran.
Wichtig ist mir auch die zeitgenössischen darstellenden Künste in Deutschland zu fördern. Sie nehmen auf zeitgemäße Art gesellschaftspolitische Themen in den Blick und fordern uns zur Diskussion heraus. Das Bündnis internationaler Produktionshäuser, dem so tolle Einrichtungen wie das HAU Hebbel am Ufer (Berlin), das Kampnagel – Internationales Zentrum für schönere Künste (Hamburg), das tanzhaus nrw (Düsseldorf), das Hellerau – Europäisches Zentrum der Künste (Dresden), der PACT Zollverein (Essen) und das FFT Düsseldorf sowie das Künstlerhaus Mousonturm (Frankfurt/M) angehören, waren durch den Haushaltsentwurf der GroKo für 2019 in ihrer Arbeit bedroht, da die Weiterfinanzierung komplett wegfiel. Wir haben mit unserem Antrag Druck ausgeübt und jetzt ist ihre wichtige Arbeit für die nächsten drei Jahre finanziell gesichert. Auch diese Förderung kann weiter ausgebaut werden. Es liegen tolle Konzepte vor. Vielleicht schaffen wir das ja für das Jahr 2020.
Auf Unverständnis stößt bei mir folgender Posten im Haushaltsentwurf der Kulturstaatsministerin: hatte sie sich noch vor ein paar Wochen in der Presse feiern lassen, dass sie die wirklich notwendigen Arbeiten zum Erhalt unseres schriftlichen Kulturgüter 2018 finanziell besser ausstatten werde, strich sie die Mittel direkt wieder für das Jahr 2019 im ihrem eigenen Haushalt. Wer mag das verstehen? Es geht hier schließlich um wertvolle Handschriften bspw. von Bertolt Brecht, Heinrich Heine und Robert Schumann. Wir haben darum mit unserem Antrag darauf aufmerksam gemacht und anscheinend ist Einsicht eingekehrt. Denn nicht nur die Kürzung wurde rückgängig gemacht, es gibt jetzt sogar eine Aufstockung.
Echt erschrocken aber bin ich, weil ich nie geahnt hätte, wie konzeptlos die Kulturförderung des Bundes wirklich ist. Wichtige Vorhaben in der Erinnerungskultur, wie die bessere Ausstattung von Gedenkstätten für ihre pädagogische Arbeit, werden nicht in dem Maße in den Blick genommen, wie es nötig wäre. Das Gedenkstättenkonzept ist veraltet und müsste dringend erneuert werden. Zudem wird während der Verhandlungen viel auf Zuruf und ohne nachhaltige Planung und Konzept durchgesetzt. Es fehlen transparente Kriterien in der Kulturförderung, die nachvollziehbar machen, warum was gefördert wird.
Aktuell stützt sich das die Förderpolitik von Frau Staatsministerin Grütters auf kurzfristige Projektförderung, Kulturförderung in der Hauptstadt, Alleingängen bei Personalentscheidungen, Wahlkreisgeschenken und um es deutlich zu sagen: einer Geldautomatenpolitik. Die Kulturszene ist von der Förderung abhängig, daher regt sich – verständlicherweise – kaum Kritik aus diesen Reihen. Diese Aufgabe übernehme ich hier aber gerne. Beide Koalitionsfraktionen im Bundestag fallen durch fehlende kulturpolitische Konzepte auf. Viele Versprechungen im Koalitionsvertrag sind bisher nur schöne Worte. Das werde ich auch nochmal in meiner Rede zum Haushaltsabschluss im Bundestag deutlich zur Sprache bringen. Denn so darf es nicht weiter gehen.
Wir brauchen eine Kulturförderung, von denen alle künstlerischen Formen gleichermaßen profitieren, gefördert nach transparenten Kriterien und durch staatsferne. Wir brauchen eine Förderpolitik, die zum Ziel hat, allen Menschen die Möglichkeit zu geben, an unseren künstlerischen und kulturellen Reichtum teilzuhaben.
Hier unsere Anträge: